Reise-Magazin

Lufthansa-Group will das Tarifsystem modernisieren / Wahlfreiheit beim Gepäck

Lufthansa scheint nach und nach im 21. Jahrhundert anzukommen und möchte nun möglicherweise schon zum Winterflugplan 2015/16 konzernweit Tarife ohne die zwangsweise Mitbezahlung von Aufgabegepäck einführen – wie es aktuell noch der Fall ist. Die Auslagerung des teuren Aufgabegepäcks als optionale Zusatzleistung, in Europa erstmals vor etwa 8 Jahren von Flybe eingeführt, ist mittlerweile weitestgehend internationaler Branchenstandard – nicht nur bei Low-Fare-Anbietern.

Auch bei Swiss gibt es dann die selben "Handbag Only (HBO) Tarife.  Foto: Christian MaskosWeltweit haben schon seit Jahren große Airlines wie Delta, American, KLM, Air France, United Airlines, Air New Zealand, British Airways oder Iberia die Tarife für kurze Flüge entsprechend modernisiert. Die Mehrheit der Passagiere bevorzugen  statistischen Erhebungen zur Folge das „Bausteinsystem“ mit Wahlfreiheit, wo man nicht gezwungen wird, ungewöhnliche Sonderleistungen mitzubezahlen, die nur von wenigen überhaupt gewünscht werden.

Die neuen Basic-Tarife sollen ab dem kommenden Winterflugplan bei Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines auf innerdeutschen und Europaflügen flächendeckend eingeführt werden. Der Lufthansakonzern hatte mit der Umstellung auf Germanwings, aber auch bei Swiss in Genf und mit Brussel Airlines und dem modernen Wahl-Tarif-System gute Erfahrungen gemacht.

Deshalb – so Lufthansa-Vorstand Jens Bischoff – soll es künftig – wie von den Kunden gewünscht – die Wahlfreiheit geben: Die neuen Tarifstufen sollen „Light“, „Classic“ und „Flight“ heißen.

„Light“ soll der neue „Spar-Tarif“ sein. Hier muss kein Aufgabegepäck mitbezahlt werden. Umbuchung und Erstattung sind wie bei Lufthansa bereits heute in vielen Buchungsklassen komplett ausgeschlossen.

Einer der Hauptunterschiede zu Billigfliegern wo das Geld niemals verloren ist – da bei Ryanair, Wizzair und Co alle Tarife gegen eine kleine Gebühr umbuchbar sind – unabhängig vom Preis. Dies ist bei europäischen Hochpreisfluglinien oft nicht oder erst ab den teuren „Semi-Flex“-Tarifen möglich, wo man diese eigentliche Selbstverständlichkeit erst durch einen höheren Ticketpreis „erwerben“ muss.

Der „Classic-Tarif“ soll dem bisherigen Standart-Economy-Tarif darstellen.

Bei“Flight“ soll es sich um einen Flextarif für unentschlossene Reisende handeln, die gerne umbuchen und/oder stornieren und für Geschäftsreisende die Flexibilität benötigen.

Über Meilengutschriften und konkrete Einstiegspreise bei den neuen Tarifen sei laut Bischoff nochnicht entschieden. Es würde noch an dem neuen Konzept gearbeitet dasim Sommer komplett vorgestellt werden soll.

Ob mit dem neuen Tarifsystem auch auf ein modernes Oneway-Tarifsystem umgestellt wird, wo jeder Flug einzeln bepreist ist, so dass Passagiere keine Mindeststays oder Buchungsklassenroulette beachten müssen, wurde offen gelassen. Heute ist es beim altmodischen und laut Reiseexperten auf „maximale Abzocke“ angelegte returnbasierten Tarifsystem oft so, dass zwar eine Strecke bei einem Return in der billigsten Buchungsklasse verfügbar ist, der Rückflug aber nicht – so dass der Passagier dann auf beiden Flügen die teure Buchungsklasse zahlen muss.

Ein Onewaytarifsystem bietet ausschließlich Vorteile für den Endkunden: So kann dieser mit Airline A hin und mit Airline B wenn zurückfliegen und dann bei beiden Airlines jeweils vom billigsten Tarif profitieren und deutlich sparen oder Rundreisen planen, z. B. Düsseldorf-Barcelona-Porto-Düsseldorf.

Beim altmodischen returnbasierten Tarifsystem sind solche Streckenführungen nicht vorgesehen und nur in extrem teuren Buchungsklassen möglich. Dies ist einer der Hauptgründe für die Popularität von Low-Cost-Airlines, wo man einfach drei 20€ Oneways kombinieren kann.

Das neue Tarifsyste – so Bischoff im Rahmen der ITB – solle keine Annäherung an die Billigflieger werden: Lufthansa will also teuer bleiben und auch kein „Günstig-Image“  aufbauen  und sich somit von den „Wings-Töchtern“  unterscheiden. Getränkeservice bzw. Snack und Getränke soll es je nach Streckenlänge auch für die Kunden im „Light-Tarif“ geben.

Viele Beobachter und Vielflieger vermuten daher, dass es eher eine versteckte Preiserhöhung wird: Anstatt konsequent 99 durch 2 in ein Onewaytarifsystem zu packen und dann 20€ bis 25€ für das Gepäck zu einem Einstiegspreis im Bereich von 24,99€ bis 29,99€ anzubieten vermuten Beobachter, dass der Handgepäck-Tarif mit 99€ return bepreist wird und Tarife mit Gepäck einfach noch teurer werden könnten.

Air Berlin hatte erst wenige Tage zuvor angekündigt, wieder zum modernen Oneway-Preisystem ohne Aufgabegepäck-Zwangsbezahlung aber inklusive Bordservice zurückkehren zu wollen – da das altmodische returnbasierte Tarifsystem zu viele Kunden verschreckt hatte und für viele Reisende nicht das passende Angebot hatte, wenn diese nur einen Hinflug brauchten.  Das Air Berlin-Modell bietet Kunden praktisch eine große Ersparnis an – so können dank des neuen Oneway-Tarifsystems nun zwei Mal Flugsuchenrabatte genutzt werden.

Exbir-Fazit

Die Abkehr von der Zwangsbezahlung des von den wenigsten Kunden benötigten aber teuren Aufgabegepäcks ist ein sinnvoller Schritt in die richtige Richtung. Viele Reisende – egal ob Privatreisende auf einem City-Trip oder zum Heimtabesuch am Wochenende bei der Familie brauchen nun einmal in der Regelke in Freigepäck. Und sollte man doch mal etwas größeres transportieren wollen, kann man das Gepäck optional dazu erwerben. Das ist modern.

Ein großer Wurf wird es freilich nur, wenn man auf ein modernes Oneway-Tarifsystem umstellt. Damit könnte das Produkt „Kurzstreckenflug“ in mehr Reisepläne von Verbrauchern passen, die nur oneway fliegen und damit die Auslastung optimieren. Zudem spricht es Kunden an, die sich über Preise informieren – da man in einem Oneway-Tarif natürlich zwei Mal Gutscheine einlösen und/oder von Flugsuchenrabatten profitieren kann.

Das wäre ein logischer, längst überfälliger Schritt, um als Firma für den Durchschnittsbürger einen Nutzen zu haben als auch für Lufthansa um die Auslastung zu steigern. Richtig gemacht kann das die Rettung der Marke Lufthansa werden: Von teuer, alt, verstaubt, nutzlos hin zu einer akzeptierten Airline, welche wieder von der breiten Bevölkerung als Option für ihre Reisepläne akzeptiert wird. Ähnlich wie bei der neuen Eurowings und der Günstiglangstrecke hat Spohr die Zeichen der Zeit und den Willen der Kunden erkannt.

Auf die Umsetzung kommt es nun an: Klares Oneway ohne Gepäck für z.B. 29€ als Promopreis für die ersten paar Sitze würde die Akzeptanz der Lufthansa in der breiten Gesellschaft erhöhen und die Auslastung massiv steigern. Die Ersparnis der Lufthansa des teuren Gepäck-Handlingprozesses muss natürlich voll an den Endkunden weitergegeben werden.