Reise-Magazin

„Erste Klasse fahren zum Preis der Zweiten“ – Autor des Bahnratgebers Werner Deuring im Interview

Dass ein Flug durch Europa oft nur wenige Euro und manchmal auch gar nichts kostet, weiß fast jeder: Dass es solche Spartricks auch bei der Bahn gibt, war den meisten Reisenden bislang nicht bekannt: Werner Deuring hat ein E-Book mit vielen wertvollen Tipps zum Sparen beim Bahnfahren geschrieben: „Die erste Klasse muss nicht mehr als die Zweite kosten“ und die Fahrt im schnellen ICE kann günstiger sein als in der Bimmelbahn, wenn man richtig bucht: Und mit Bahnbonus kann man Punkte sammeln ohne zu fahren und diese für Freifahrten einlösen – ganz ohne Steuern und Gebühren. Werner Deuring beantwortet im Exbir-Interview zahlreiche Fragen zum Sparen bei der Bahn, zum Vergleich von Bahnpreisen &Flugpreisen, zu Bonusprogrammen und zur neuen Fernbuskonkurrenz.

Exbir: Bei vielen privaten Vielfliegern gilt der Spruch und die Faustregel“: Das Teuerste an der ganzen Reise ist die Bahnfahrt zum Airport.“ Sie sind absolut Bahnexperte und Autor eines Sachbuchs über Wege mit der Bahn zu sparen – verraten Sie uns also: Kann man mit der Bahn auch nur ansatzweise an die Kilometerpreise von Flugreisepromotionen herankommen?

Werner: Ob die Bahnfahrt zum Flughafen teurer ist als der Flug selbst, wird ganz davon abhängen, wie weit die Fahrt bis zum Airport ist und auf welche Bahn-Tickets Sie zurückgreifen können. Dabei muss eine Fahrt in einem Fernverkehrszug nicht einmal teurer sein, als die Fahrt im Nahverkehrszug. Tatsächlich habe ich diese Situation auch schon selbst erlebt, gerade dann, wenn ich ein Flugticket für rund 10,- Euro gebucht habe.

Ihre Frage, ob die Bahn an den Kilometerpreis von Flugreisepromotions herankommt, lässt sich gar nicht allgemeingültig beantworten.
Wie beim Fliegen variieren die Preise der Bahn pro Kilometer teils stark. Vergleichen Sie beispielsweise eine Flugreisepromotion eines internationalen Fluges mit einem innerdeutschen Flug, so bezahlen Sie beim Langstreckenflug bei Weitem weniger pro geflogenen Kilometer. Ähnlich verhält sich dies bei Bahn-Tickets, da auch hier der Kilometerpreis bei längeren Strecken sinkt. Ein weiteres Kriterium sind die unterschiedlichen Zugprodukte und die Vielzahl an Tickets, die häufig für eine Strecke genutzt werden können und die es zusätzlich erschweren, einen generellen Kilometerpreis zu errechnen. Man liest jedoch häufig in diversen Studien, dass der durchschnittliche Kilometerpreis der Bahn bei ungefähr 14 Cent liegt.

Cover des Bahnratgebers.
Wenn Sie nun Flugzeug und Bahn vergleichen möchten, denke ich, dass die Bahn auf innerdeutschen Verbindungen, gerade durch Ihre Sparpreise, durchaus konkurrenzfähig zu Flugreisepromotions ist. Zusätzlich ist zu beachten, dass gerade bei Flugtickets eine innerdeutsche Promotion wenige Tage im Voraus selten noch zu einem günstigen Tarif buchbar ist. Bei der Bahn haben Sie aber unter Umständen auch noch wenige Tage vor Fahrtantritt die Möglichkeit ein günstiges Ticket zu erwerben.

Viel wichtiger ist meiner Ansicht nach für jeden Einzelnen ein direkter Vergleich der gesamten Reisezeit. Ab einer Reisezeit von ca. 4 Stunden mit der Bahn kann ein Flug durchaus sinnvoll sein, insbesondere da sich dann die Wartezeiten am Flughafen durch die Reisegeschwindigkeit mit dem Flugzeug ausgleichen. Letztendlich muss aber jeder selbst entscheiden, welchen Mehrpreis er für eine Zeitersparnis in Kauf nimmt.

Wie kommt man eigentlich auf die Idee einen Ratgeber zum Bahnfahren zu schreiben?

Ich interessiere mich schon seit meiner Kindheit für Reisethemen, egal ob Bahn, Flug oder Hotels. Während meines Studiums war und bin ich häufig auf die Bahn angewiesen und habe nach Lösungen gesucht, um möglichst günstig damit fahren zu können. Für mich lag der Ansporn darin, auch preiswert in der 1.Klasse reisen zu können. Tatsächlich habe ich irgendwann die nötigen Lösungen dazu identifiziert. Nachdem ich immer häufiger von Freunden und Verwandten angesprochen wurde und meine Tipps vermittelt habe, kam letztendlich die Idee mit einem Ratgeber zustande.

Richtet sich der Ratgeber eher an Pendler oder an Gelegenheitsfahrer – und welche Kundengruppe kann bei Bahnfahrten besonders sparen?

Wie unter anderem der Untertitel des Buches „Optimal für Gelegenheits-, Vielfahrer + Pendler“ sagt, habe ich versucht, mit dem Buch ein breites Spektrum verschiedenster Kundengruppen abzudecken. Zusätzlich versuche ich mit dem Buch auch nicht nur Ratschläge für einzelne Strecken zu geben, sondern ein generelles Verständnis/Wissen über den Tarifdschungel der Bahn mit dem Ratgeber zu vermitteln. Ich versuche außerdem auf „versteckte“ Konditionen aufmerksam zu machen, die häufig sehr hilfreich sein können. Ich zeige Möglichkeiten und Strategien auf, damit die 1. Klasse auch für Personen mit niedrigem Reisebudget zugänglich wird. Die Intention ist also, dass junge Leute, Vielfahrer, Pendler und Geschäftsreisende Ihre persönlichen Vorteile aus dem Buch ziehen können.

Wieviel Zeit und Kilometer verbringen Sie im Jahr selbst im Zug? Und wenn ja -in welcher Klasse?

Viel Zeit und mehrere tausende Kilometer.
Mit Abstand die meiste Zeit habe ich in Nahverkehrszügen verbracht, da ich schon einige Jahre täglich gependelt bin. Es gab auch Zeiten, da bin ich durch mein Praxissemester bei einem großen deutschen Reiseveranstalter viel im Fernverkehr unterwegs gewesen. In der Regel ist es so, dass ich im Nahverkehr in der 2.Klasse reise und im Fernverkehr, also in den Produkten ICE oder IC/EC, dann in der 1.Klasse, da sich hier häufig Tickets günstiger buchen lassen, als in der 2.Klasse.
Nebenbei liegt auf diesem Thema auch ein Schwerpunkt meines Buches.

Wie hoch ist Ihr Kilometerdurchschnittspreis mit der DB?

Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Grundlegend berechnet die Bahn ihre Fahrpreise ja nicht nach einer festen Kilometerpauschale, so wie wir es bei einer Fahrt mit dem PKW vornehmen.

Vielmehr wendet die Bahn auf Fernverkehrsfahrten Relationspreise an, dass bedeutet, dass hier verschiedene Komponenten zur Berechnung einbezogen werden (Fahrgastaufkommen, Reisezeit, Komfort, etc.). Auch die Zugwahl spielt eine entscheidende Rolle!
Es gibt allerdings diverse Tricks, wie man diese Preisbestimmung, besonders im Fernverkehr, zum eigenen Vorteil ausnutzen kann. Als Stichwort wären hier auch die Preisobergrenzen bei den Tickets genannt. Durch die zusätzliche Einführung von Sparpreisen im Fernverkehr ergibt sich ohnehin ein variierender „Kilometerpreis“, da die Preise ähnlich wie bei Flugtickets einem vordefinierten Kontingent unterliegen und der Preis somit variabel ist. Ganz nach dem Motto: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.

Im Nahverkehr funktioniert die Berechnung tatsächlich etwas anders. Es ist zuerst ein linearer Fahrpreisanstieg zu beobachten und ab einer gewissen Kilometeranzahl (vermutlich bei ca. 190km) beginnt eine Entfernungsdegression, was bedeutet, dass der Preis nicht mehr linear ansteigt.

Gibt es bei der Bahn eigentlich auch die Option gratis zu verreisen – wie zum Teil bei Error-Fares oder geschickter Gutscheinnutzung in Kombination mit Flugsuchenrabatten bei Flügen möglich, oder gilt bei der Bahn noch: Nur wer Geld da lässt darf fahren?

Fliegen ohne Geld da lassen wird von Jahr zu Jahr schwieriger, insbesondere auf innerdeutschen Verbindungen. Wegen der drastischen Preiserhöhungen z.B. bei den Lufthansa Oneway-Tarife von 59,- Euro auf 90,- Euro oder die Kürzung der 99,- Euro Tarif Kontingente ist es trotz Gutscheinnutzung und Flugsuchenrabatten das Fliegen zum „Null-Euro-Tarif“ schwieriger geworden.
Auch die Verfügbarkeit von Lufthansa-Promotion 20,-€ – Codes hat m.E. nach deutlich nachgelassen.

Anders als bei Fluggesellschaften sind mir bei der Bahn keine Error-Fares bekannt. Grund hierfür könnte natürlich sein, dass Bahn-Tickets auf viel weniger Online-Vertriebskanälen angeboten werden, als Flugtickets.

Bei der Bahn steckt eher der Teufel im Detail. Ersparnisse sind oft erst möglich, wenn man Gutscheine sinnvoll einsetzt oder durch geschicktes Buchungsverhalten sich erst die Möglichkeit einer Gutscheineinlösung schafft. Außerdem spielt bei der Bahn eine große Rolle, welcher Zug für welche Strecke gewählt wird, genauso welches Ticket Sie für einen bestimmten Zweck erwerben. Zusätzlich spielt auch die BahnCard in meinem Buch eine große Rolle. Viele BahnCard-Inhaber wissen gar nicht, was für Rabatt- Möglichkeiten damit tatsächlich nutzbar sind, insbesondere zeige ich Wege auf, wie sich eine BahnCard schon ab der ersten Fahrt rechnet!

Nebenbei gab es bei der Bahn noch vor kurzem die GOLD-BahnCard zu kaufen. Hier konnte man häufig gratis im Fernverkehr der jeweiligen Wagenklasse der BahnCard fahren. Es lohnt also auch, bei Bahn-Angeboten sich auf dem Laufenden zu halten.

Inwieweit machen sich die neuen Fernbuslinien bei der Preisgestaltung der Bahn bemerkbar – hat die Bahn überhaupt reagiert?

Durchaus. Die Bahn hat bereits Ende letzten Jahres die Kontingente der Sparpreis-Tickets deutlich erhöht. Es wurden rund 1 Mio. Tickets mehr auf den Markt gebracht, wohl u.a. als Reaktion auf das stetig steigende Fernbusangebot.

Zusätzlich zu dieser Maßnahme wird die Bahn im April 2014 wieder mehr Regionalzüge auf der Strecke Berlin – Hamburg einsetzen. Momentan bietet die Bahn auf dieser Strecke primär ICE/IC-Verbindungen an und diese Preise liegen ein Vielfaches über denen der Fernbuskonkurrenz.
Mit den eingesetzten IRE-Zügen ab April möchte die Bahn wieder potenzielle Kunden aus den Fernbussen in Ihre Züge locken. Die Fahrtzeit soll voraussichtlich nur eine ¾- Stunde über der des ICE liegen, und dies sicher zu günstigeren Preisen als die der Fernverkehrszüge.

Die Bahn verkehrt derzeit auch mit Fernbussen zwischen Hamburg und Berlin. Laut einer Studie vom Dezember 2013 der Iges hat die Bahn einen Marktanteil von fast 22% im Fernbusgeschäft. Zweifellos haben die Konkurrenten die Vision die Bahnpreise dauerhaft zu unterbieten, was auf einigen Strecken schon bei weitem gelingt. Meiner Einschätzung nach, müssen die Fernbusunternehmen allerdings ihr Yield Management besser in den Griff bekommen, um entgangene Umsätze und Gewinne in den kommenden Jahren aufzuholen. Bleibt also abzuwarten, ob sich in den kommenden Jahre, die Preise der Fernbusse wieder stärker in Richtung der Bahnpreise angleichen.

Wenn Sie Vielfliegerprogramme wie z.B. TK Miles&Smiles oder Delta Skymiles und das Treueprogramm Bahn Bonus vergleichen: Womit kann man mehr sparen? Und lohnt Bahnbonus überhaupt für Wenigfahrer?

Das Thema rund um Vielfliegerprogramme wir ja häufig diskutiert. Viele sind auch schon zu dem Entschluss gekommen, dass es sich nicht mal mehr für Vielflieger rentiert, Meilen zu sammeln.
Seit Jahren erleben wir hier ja stetige Veränderungen und im Großen und Ganzen auch Programmverschlechterungen und zunehmende Intransparenz. Immerhin ist man bei Vielfliegerprogrammen nicht auf ein einziges Programm bei einer Airline angewiesen und kann so zum Glück beispielsweise auch für seine Lufthansa Flüge die Meilen u.a. beim Aegean-Miles&Bonus-Programm sammeln.

Anders stellt sich das bei bahn.bonus dar. Ganz im Gegenteil, hier fand in den letzten Jahren sogar eine Verbesserung des Kundenbindungsprogramms statt. Statt Kürzungen der Punkte wurden neue Möglichkeiten geschaffen, um sein Prämien- und Statuspunktekonto schneller füllen zu können. Vor wenigen Jahren war es z.B. noch nicht möglich bei einem Pauschalangebot, wie dem Quer-durchs-Land-Ticket oder Schönes-Wochenende-Ticket bahn.bonus-Punkte zu sammeln, sondern lediglich beim Normalpreis-Ticket und den Sparpreisen. Natürlich hat die Bahn auch noch anderweitige Partner, bei denen man Punkte sammeln kann, ähnlich wie sich das bei den Airlines gestaltet.

Und in der Tat kann ich nur unterstreichen, dass sich auch das Sammeln von Punkten für Wenigfahrer bei der Bahn lohnt. Buchen Sie beispielsweise bei der Bahn Fahrkarten im Gesamtwert von 1000,- Euro, erhalten Sie schon tolle Prämien, wie ein Länder-Ticket oder ein Zeitschriftenabo.
Machen Sie den gleichen Umsatz bei einem Vielfliegerprogramm, bezweifele ich stark, ob es überhaupt zu einem Zeitschriftenabo reichen würde.

Nebenbei habe ich in meinem Buch einige Möglichkeiten aufgezählt, wie Sie bei der Bahn gratis an bahn.bonus-Punkte kommen können. Somit sind Prämien auch ohne Umsatz möglich – Lassen Sie sich überraschen!

Hand aufs Herz – Intercity oder Boeing – wie reisen Sie lieber?

Auch ich kann mich der Faszination „Fliegen“ nicht entziehen.
Zum Bahnratgeber als Ebook

{joscommentenable}