Reise-Magazin

Ryanair neue Gebührenordnung: Schlanke Passagiere fliegen billiger – großes Handgepäck kostenpflichtig

„Wer hat nicht gerne eine Frau mit Modelmaßen neben sich sitzen?“, fragt der Ryanairboss schelmisch grinsend in die Runde: Bei Ryanair soll die Chance demnächst höher sein als bei allen anderen Airlines: Denn Europas beliebtes Airline plant eine neue Gebührenordnung für dicke Passagiere und neue Handgepäckregeln. Damit will Ryanair sich als Vorbild in Europa für eine gesündere Lebensweise und eine gesunde Ernährung einsetzen, betonte O´Leary bei der Vorstellung des neuen Programms in Dublin. Daher sollen schlanke Passagiere – bei denen die Fluglinie weniger Kerosin verbraucht – künftig weniger zahlen. Daher verkürzt die irische Airline die Sicherheitsgurte – Erweiterungsgurte können dann an Bord erworben werden. Ab dem 01. Juli wird Ryanair den Service weiter optimieren: So soll zudem bei den Iren -ähnlich wie schon bei Wizzair, Allegiant Air oder Spirit – nur ein kleines Gepäckstück mit den Maßen 42 x 32 x 25 cm bis zu 4kg, das unter den Vordersitz passt, umsonst befördert werden dürfen. Für große Rucksäcke oder Trolleys fällt dann eine Gebühr von 10€ an.

Flugzeuge von Europas beliebtester Fluglinie am beliebten Flughafen London-Stansted.  Foto: Maskos„Airlines und Hersteller versuchen beim Flugzeug, bei den Sitzen, bei den Trolleys und sogar durch digitalisierte Bordmagazine Gewicht einzusparen – da schon wenige Kilos weniger bei den hohen Kerosinpreisen deutliche Ersparnisse bringen – unsere Passagiere werden immer schwerer, so dass die Kosten explodieren, argumentiert O´Leary. Was jedem persönlich kaum relevant vorkomme, mache bei 189 Passagieren eine Menge aus. Da es aber nicht sein könne, dass diese Mehrkosten auf alle Kunden umgelegt würden, hat Ryanair nun reagiert – im Interesse aller Reisenden, die von den günstigen Tarifen der Iren profitieren. Schon seit einigen Jahren hielten sich in der Branche die Gerüchte, dass Ryanair und andere Airlines eine „Fat Tax“ planen. O´Leary selbst mag den Begriff überhaupt nicht, wie er auf einer Pressekonferenz feststellte: „Das klingt zu negativ – uns geht nicht darum, jemanden zu bestrafen, sondern eine gesunde Lebensweise zu fördern und einen kleinen Beitrag zu der drängenden Lösung des größten gesundheitlich-gesellschaftlichen Problems des 21. Jahrhunderts zu schaffen. „Wir wollen Vorbild sein und Anreize setzen“, sagt O´Leary, so wie die Airline das Reisen in den letzten Jahren grundlegend verändert hat: „Wir sind nicht umsonst Europas beliebteste Airline – sondern genau deswegen, weil wir viele „Tabus“ gebrochen haben, an die sich andere nicht heranwagten“. So bekomme die Airline täglich zahlreiche Faxe von Passagieren, die sich über die neue Gepäckregelung bedanken. Einige davon hat O´Leary zur Pressekonferenz mitgenommen: „Für mich war es früher selbstverständlich, einen Koffer und meinen halben Kleiderschrank mitzunehmen, um für alle Fälle gerüstet zu sein – erst durch die Gepäckgebühr wurden meine Augen geöffnet und ich reise ich mit einem kleinen Rucksack und bin viel flexibler: Früher mit dem Koffer habe ich oft ein Taxi genommen und bin direkt zum Hostel gefahren, heute kann ich bequem den Bus nehmen, da mich der leichte Rucksack kaum stört“ schreibt eine 26-Jährige Stammkundin in einem Fax. Ohne Koffer könne man auch die Zeit zwischen zwei Flügen zu einem Stadtbummel nutzen. O´Leary lacht: „Wir waren vor über einem Jahrzehnt die ersten, die in Europa keinen gratis Kaffee ausgeschenkt haben – damals ein Skandal: Heute vielerorts Standard“, redet sich O´Leary in Rage. Dasselbe gelte für das Gepäck: Man sei schließlich eine Airline und kein Frachtdienstleister. Schon früher seien viele Menschen ohne Gepäck gereist, haben das Gepäck aber immer zwangsweise in den ohnehin überteuerten Tarifen von British Airways, KLM und Lufthansa mitzahlen müssen: Warum solle man etwas zahlen, das man gar nicht wolle, so etwas gäbe es nur bei Lufthansa und den anderen altmodischen Staatsfluglinien. Ähnlich wie bei der Aufteilung zwischen Flugpreis und Gepäckgebühr, die mittlerweile in vielen Teilen der Welt absoluter Standard ist, erwartet O´Leary das innerhalb von 5 Jahren auch seine neuen Regeln nach und nach klammheimlich von den teuren Airlines eingeführt werden: Nur dass diese dennoch teuer blieben – und dann eine Gebühr aufschlügen.

Die neue Sitzgurtregel gilt ab dem 1. Juli. Jeder der den Sitzgurt nicht schließen kann und ein „Add-On“ erwerben muss, zahlt dann für diesen Extra-Service 25€, wenn dieser Service vorher online gebucht wird. Stellt man erst im Flugzeug fest, dass der Sitzgurt zu kurz ist, wird eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 25€ aufgeschlagen, so dass der Sitzgurt dann 50€ kostet. Eine Kreditkartengebühr fällt bei Online-Buchung nicht an – bei einem Erwerb an Bord werden weiter 2% bei Kartenzahlung aufgeschlagen. Sollte sich ein Passagier weigern die Erweiterung zu lösen, wird dieser von Bord verwiesen – europäische Richtlinien sähen eine Anschnallpflicht vor. In diesem Fall würde der Passagier das Recht auf eine Beförderung verlieren. Die Entwicklung der neuen Gurte ist gemeinsam mit Boeing erfolgt und bereits von der FAA und den europäischen Behörden für den Einsatz im Linienbetrieb zertifiziert. Auch andere moderne Fluglinien wie Spirit Airlines und Wizzair planen mit Airbus eine ähnliche Lösung. Da nicht alle Flugzeuge zeitgleich umgerüstet werden können, werden die neuen Gurte im Laufe des Juni installiert. Die Add-Ons gibt es aber vor dem 1. Juli kostenfrei – so dass die Passagiere sich bereits mit dem neuen Service vertraut machen können. Gurte für Schwangere bietet die Airline weiterhin gratis an. Diese müssen aber ebenfalls online hinzugebucht werden – andernfalls fällt die Verwaltungsgebühr an Bord an. Gurte für Kleinkinder, die auf dem Schoss der Eltern reisen, können ebenfalls online ohne Mehrkosten bestellt werden – dafür wird der Fixpreis pro Infant auf 40€ erhöht.

Da sich einige Passagiere über zu volle Staufächer in der Kabine beschwert hatten, wird Ryanair auch hier einen neuen Service einführen, der sich bei Konkurrent Wizzair bereits in Europa bewährt hat: So sind ab sofort nur noch Handgepäckstücke, die unter den Vordersitz passen und bis zu einem maximalen Gewicht von 4kg gratis. Für Rucksäcke und Trolleys oder andere größeres Handgepäck, das in den Overhead-Bins verstaut werden soll, fällt dann eine kleine Pauschale von 10€ an. O´Leary erwartet aber nicht, dass viele Passagiere mehr als 4kg mitnehmen möchten: „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Mehrheit der Ryanairpassagiere vor allem auf den Preis achtet und kaum Zusatzleistungen bucht und daher sehr flexibel ist.“ Wenn man für wenige Tage verreise, reichten 4kg auch aus, so der Ire um dann eine weitere Besonderheit mitzuteilen: Frauen mit einem Taillenumfang von unter 63 cm – welcher am Gepäck-Drop-Off-Schalter nachzuweisen ist – werden künftig von dieser Gebühr und können 15kg Gepäck gratis aufgeben. „Wir wissen, dass junge modische Frauen gerne viele Kleider und Schuhe mitnehmen“, erklärt O´Leary. Das sei absolut okay – denn was Ryanair als Mehrkosten durch den Gepäcktransport hätte, würde die Fluglinie beim Kerosin wieder einsparen: Und wenn Sie die Wahl haben bei British Airways oder Lufthansa eingequetscht zwischen Übergergewichtigen zu sitzen oder bei Ryanair neben einer Frau mit Modelmaßen – welche Fluglinie bevorzugt „Mann“ da?“ fragt O´Leary in den Raum. Zudem seien junge Frauen, die das Geld für einen Shoppingtripp nach Mailand oder London haben, eine interessante Kundengrupe für die Iren.

Und ja – die zwangsläufige Aufregung von Dickenverbänden und Feministinnen und die negative Presse sieht er gelassen: „Eine bessere Werbung gibt es doch gar nicht – da redet jetzt zwei Wochen jeder drüber – sogar auf dem Schulhof bei Menschen, die sonst gar nichts mit dem Fliegen zu tun hätten – und jeder lernt: „Wir tun alles, damit Fliegen billig bleibt“. Das sei der Anspruch von Ryanair – und daher sei die Fluglinie „Europes favourite Airline“.

Und natürlich würde die Airline auch die Pläne mit der Toilettengebühr und den Stehplätzen weiterverfolgen – jedoch seien hier noch keine technischen Lösungen verfügbar – man würde aber gemeinsam mit Boeing und den Zulassungsbehörden an Lösungen arbeiten.